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Der Wasserhahn tropft wie ein Metronom. Eine einzelne, an den Nerven zehrende Fliege surrt durch den Raum und stößt etliche Male gegen das Fenster. Nachbarn streiten sich. Lauthals und hinter viel zu dünnen Wänden. Autos und Motorräder jagen durch die Nacht. Glockengeläut am Sonntagmorgen. Irgendwo in der Nähe schlägt ein Hund an und will nicht mehr damit aufhören.
Die Geschichte des Lärms ist eine weltumspannende und überaus lange Geschichte, da sie im Grunde genommen mit dem Urknall und somit mit dem Anfang der Zeit einsetzt. Wir Heutigen sehen uns tagtäglich einer Fülle von Geräuschen ausgesetzt, die wir häufig genug als Belästigung empfinden: Presslufthämmer auf Baustellen, Sirenengeheul, das hohe Kreischen von Straßenbahnen, hupende Autofahrer oder Idioten, die meinen, am Sonntagmorgen ihren Rasen mähen zu müssen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Keine Frage – mehr oder weniger haben wir uns mit diesem Lärm längst arrangiert.
Natürlich hat der Mensch seit jeher mit Geräuschen gelebt, die die Natur vorgibt: Donnerhall, Wind in den Baumkronen während einer Sturmnacht oder das geballte Anbranden der Wellen. Doch wie verhielt es sich nach jener Zeit, als der auf einen Amboss niederkrachende Schmiedehammer das lauteste Geräusch war, das selbst zu erzeugen der Mensch überhaupt imstande war? Wie klang es beispielsweise auf den lebendigen Plätzen und Märkten einer mittelalterlichen Großstadt wie Paris, Konstantinopel oder London, die über Jahrhunderte hinweg die lautesten Städte der Welt waren? Und ab welchem Zeitpunkt wurden dem Menschen Geräusche überhaupt derart lästig, dass er sie als _Lärm _empfand?
Sei es der Moment, als einer unserer namenlosen Vorfahren zwei Steine gegeneinanderschlug, um daraus eine Pfeilspitze zu erschaffen, oder das Geräusch eines starteten Überschallflugzeugs: Die Reise, auf der uns der Historiker Kai-Ove Kessler in seiner herausragenden Arbeit über ein so derart alltägliches Phänomen wie den Lärm mitnimmt, ist ebenso außergewöhnlich wie fesselnd.
Axel Vits, Köln