Zum Buch:
Ein Mann liegt am Boden, bäuchlings, alles schmerzt. Er versucht sich zu erinnern, was geschehen ist. Wie er in dem alten Bunker in Berlin gestürzt ist und was davor geschah. Warum keine Hilfe kommt, obwohl sein Sohn ganz in der Nähe sein muss.
Inka Parei erzählt die Geschichte eines „gefallenen“ Mannes und derjenigen, die ihn umgeben. Männer wie Frauen beginnen zu sprechen, und langsam, ganz langsam setzen sich die einzelnen Narrative zu einem Mosaik zusammen – es entsteht das Bild einer ganzen Generation auf der Suche, eingehüllt in den Schleier deutscher Nachkriegsgeschichte.
Bruno hatte als Sozialarbeiter in leitender Stellung einst ein glückliches Leben im Berlin der Neunzigerjahre geführt mit Ina, seiner Frau und Julius, seinem Sohn. Als er nach 15 Jahren die Orte dieses verlorenen Glücks wieder besucht, führt ihn der Zufall in das Ladenbüro einer Familienberaterin. Lydia erkennt in Bruno ein altes Mitglied ihrer Kinderbande, aber keiner von beiden wagt, an die alten Zeiten zu rühren. Gemeinsam planen sie die Zusammenführung von Brunos Familie im Humboldthain. Als dort statt Ina eine unbekannte Frau auftaucht, läuft das Treffen aus dem Ruder.
Im Flakbunker eingesperrt, erinnern sich Vater und Sohn an ihre glücklichsten und schrecklichsten Momente, beide bis auf wenige Ausnahmen stets voneinander getrennt, umgeben, geleitet und eingeengt von Häuserfluchten – sei es in Berlin oder New York. Die Zeit zerrinnt den beiden Männern, aber auch den Frauen im Bunker zwischen den Wörtern. Werden sie freikommen und sich noch einmal neu, Auge in Auge, begegnen können?
Parei inszeniert ein Kammerspiel, das es in sich hat, bei dem alle Beteiligten auf ihre Weise gescheitert sind und im Bewusstsein ihrer Unvollkommenheit weiterleben. Ein Roman mit dem Sog eines Thrillers, dessen Auflösung sich in den Andeutungen von Selbsterkenntnis vollzieht.
Susanne Rikl, München