Zum Buch:
Das vorliegende Buch beschreibt und analysiert den 1998 durch die Wahl von Hugo Chávez eingeleiteten Transformationsprozess in Venezuela, die Politik der Regierung sowie ihr nahestehender und gegnerischer Sektoren aus Sicht eines überzeugten Chavisten. Dabei enthält es sowohl eine Fülle von Sachinformationen als auch sechs Interviews und eine Reportage zur Stadtteilarbeit in Armenvierteln. Besondere Stärke des Buches ist seine Fokusierung auf soziale Bewegungen. Seine Schwäche ist die undifferenzierte Darstellung Andersmeinender, etwa wenn Reporter ohne Grenzen oder Human Rights Watch als rechtskonservative Organisationen abgetan werden. Das Buch gliedert sich in vier Themenbereiche. Im ersten Teil zu Gesellschaft, Politik und Wirtschaft stellt der Autor die Entwicklung seit 1958, den verfassungsgebenden Prozess, den Putsch 2002, den Unternehmerstreik, das Abwahlreferundum, die Wahlen, die Destabilisierungspolitik der USA und die vom Erdöl dominierte “Petroökonomie” dar. Der sehr umfangreiche zweite Teil behandelt die gesellschaftlichen Reformen und die Basisbewegungen. Insbesondere geht es um sieben Sozialprogramme (Misiones), die Landfrage und die Bauernbewegung, den Kampf um die Medien, die Entwicklung der Gewerkschaften und die betriebliche Selbstverwaltung. Der dritte und deutlich kürzere Teil behandelt die Außenpolitik. Der vierte versucht einen Ausblick auf die künftige Entwicklung des Boliviarianischen Prozesses. Sollte es nicht gelingen, “eine gemeinsame Front unterschiedlicher radikaler Kräfte aufzubauen, die stark konjunkturellen Mobilisierungen und Organisationsprozesse der Basis in eine breite Massenorganisierung mit konstanter Debatte und der Fähigkeit zur Selbstschulung zu verwandeln, ist die Gefahr einer reformistischen Wende, der weiteren Durchsetzung der Sektoren des sogenannten Chavismus ohne Chávez, groß. So werden in Venezuela die Sektoren genannt, die vordergründig den Prozess mittragen, tatsächlich aber für eine Ablösung des Präsidenten arbeiten, da sie seine Ausstrahlung und Radikalität fürchten” (S.308).
Christoph Dietz (Bücher zu Lateinamerika)