Zum Buch:
Das Buch unternimmt einen Streifzug durch die argentinische Geschichte und zeigt auf, wo Einwanderer aus Deutschland oder die deutsche Außenpolitik diese mitgeprägt bzw. Spuren in ihr hinterlassen haben: Kaufleute und Landsknechte, die mit den frühen Konquistadoren an den Rio de la Plata kamen, Unternehmer, die im 19. Jahrhundert Niederlassungen in der jungen argentinischen Republik gründeten, Sozialdemokraten, die aufgrund der Bismarckchen Sozialistengesetze nach Argentinien emigrierten und die dort entstehende Arbeiterbewegung mit prägten, Juden und Antifaschisten, die auf der Flucht vor dem Naziterror in Argentinien Zuflucht fanden. Bis dahin ist das Buch von Wulffen eine gut lesbare Auswertung historischer Werke und Quellen. Der Autor ist aber auch Zeitzeuge: Als Diplomat war er zwischen 1970 und 1991 an der bundesdeutschen Botschaft in Buenos Aires tätig, also auch in den Jahren vor, während und nach der letzten Militärdiktatur (1976-83). Die Buchpassagen über diese Periode sind vor allem eine teilweise peinliche Rechfertigung der sozialliberalen Außenpolitik jener Jahre. Wie in den hier ebenfalls vorgestellten Büchern von Thun und Kaleck faktenreich dargestellt ist, war die Zusammenarbeit der bundesdeutschen Unternehmen und Politik mit der Diktatur mehr als eng, das Engagement für die Opfer dagegen zurückhaltend. Wulffen benutzt die ewig gleiche Argumentation zu Begründung, warum florierende Geschäfte nicht durch Forderungen im Bereich der Menschenrechte in Frage gestellt wurden: Man habe den Opfern besser helfen können, indem man mit den Machthabern im Gespräch blieb. Nur wissen wir, dass diese stille Diplomatie den Verschwundenen und speziell den vom Militär entführten und ermordeten Deutschen überhaupt nicht geholfen hat, während die bundesdeutsche Atomindustrie, die Rüstungsindustrie oder Mercedes kräftig davon profitiert haben.
Gert Eisenbürger (Bücher zu Lateinamerika)