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Bücher zu Lateinamerika

Autor
Volpi, Jorge

Zeit der Asche (No será la Tierra. Novela en tres actos))

Untertitel
Roman. A. d. Span. von Kirstin Bleiel und Catalina Rojas
Beschreibung
Verlag
Stuttgart: Klett Cotta, 2009.
Format
geb.
Seiten
510 Seiten
ISBN/EAN
978-3-608-93701-5
Preis
24,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Jorge (Luis) Volpi (Escalante) wurde am 10. Juli 1968 in Mexiko-Stadt geboren. Er studierte Jura und Literatur und war zunächst als Anwalt und Kulturattaché tätig. 1994 beginnt er als Schriftsteller und gründet mit anderen mexikanischen Autoren die literarische Gruppe Crack, die sich gegen den nord-amerikanischen Neorealismus wandte und die Abkehr vom Magischen Realismus forderte. Von 2001 bis 2004 war er Kulturattachée in Paris; seit 2007 arbeitet er als Programmdirektor beim mexikani-schen Kultursender der UNAM. Bisher liegen zwei Romane (Das Klingsor-Paradox; Der Würgeengel) und ein Kurzroman (Tage des Zorns) übersetzt vor. Siehe dazu “Bücher zu Lateinamerika 2002/03 und 2003/04.

Zum Buch:

Es scheint, als habe Volpi den Tag von vor fast 25 Jahren noch einmal für die jüngeren Leser  und Leserinnen in Erinnerung rufen wollen: sein Roman in drei Akten, so der Untertitel, beginnt mit einem makrabren Vorspiel, nämlich der genauen Schilderung der Explosion des Atomreaktors in Tschernobyl und die teilweise hilflosen Reaktionen der unmittelbar Verantwortlichen. Drei Frauen stehen im Mittelpunkt des Romans: Irina Granina, eine Biologin, Jahrgang 1932 aus Leningrad, Jennifer Moore, Wirtschaftswissenschaftlerin beim Internationalen Währungsfond, etwa gleichaltrig, aus der Nähe von Philadelphia und Éva Halász aus Ungarn, eine Computerwissenschaftlerin auf der Spur nach künstlicher Intelligenz. Ihre Schicksale und die ihrer Freunde und Verwandten werden im ersten Akt in den je unterschiedlichen Kriegs- und Krisenzeiten von 1929 bis 1985 geschildert. Die teilweise dramatischen Veränderungen im ökonomischen, politischen und wissenschaftlichen Weltgeschehen in den Jahren bis 2000 bilden den Hintergrund für den zweiten und dritten Akt, in dem sich die Biographien der drei Protagonistinnen erneut und verstärkt mit den realen Ereignissen verschränken. Sie nehmen teilweise aktiv an den historischen Ereignissen teil und sind gleichzeitig bis zu einem gewissen Grad aber auch deren Opfer. Vom Börsencrash 1929, dem Reaktorunfall in Tschernobyl, dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der anschließenden Privatisierung des gesellschaftlichen Reichtums (die Schilderung des Aufstieg von Chodorowsky ist keine Fiktion), dem Fall der Berliner Mauer bis zum Kampf um die Verwertung der Gendechiffrierung werden alle einschneidenden Ereignisse am Ende des 20. Jahrhunderts journalistisch genau recherchiert und beschrieben (ein Personenregister am Ende des Romans gibt Auskunft über die historischen Personen). Volpi gelingt es in seinem spannend geschriebenen Roman, die tiefgreifenden Umwälzungen dieser Zeit anhand des Schicksals von drei Frauen zu schildern und gleichzeitig die Frage zu stellen, inwieweit der krisengeschüttelte Kapitalismus eine Überlebenschance hat oder ob es einen dritten Weg gibt. Der Roman verlangt hohe Aufmerksamkeit von den Leserinnen und Lesern um nicht im realen und fiktionalen Raum, in den wechselnden Orten und Zeiten die Orientierung zu verlieren. Ein Anstrengung freilich, die belohnt wird.  Klaus Küpper (Bücher zu Lateinamerika)