Martín Solares wurde 1970 in Tamaulipas/Tampico geboren. Er ist Autor von Kurzgeschichten und Essays. Seit dem Jahre 2000 arbeitet er in Paris am Instituto de México. Los minutos negros ist sein erster Roman.
Zum Buch:
2500 Tote zählte man im Jahre 2007, 1300 in den ersten vier Monaten dieses Jahres im Kampf der Drogenkartelle untereinander und in der Schlacht von Militär und Polizei gegen das organisierte Verbrechen in Mexiko. Allein in der 2. Mai-Woche 2008 wurden drei hochrangige Polizeibeamte auf offener Straße ermordet. Der Kampf gegen die Korruption scheint aussichtslos; viele Journalisten, Richter und Politzisten entscheiden sich vor die Wahl gestellt Plata o plomo, Geld oder Kugel, für das Geld (SZ, 15.5.2008).
Dieses Thema behandelt auch der vorliegende Kriminalroman. Der mittlere Teil spiel im Jahre 1977. In Paracuán, einem Nest am Golf von Mexiko, werden die grausam zerstückelten Leichen mehrerer Schülerinnen gefunden. Vicente Rangel, Fahnder bei der örtlichen Polizei, übernimmt mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit die Ermittlungen. Doch seine Untersuchungen werden permanent hintertrieben: von allen Seiten erfährt er Widerstand vor allem von seinen Kollegen, einer merkwürdigen Ansammlung von teils korrupten, teils unfähigen Beamten und deren Helfern. Vicente Rangel gelingt zwar die Aufklärung der Morde, bezahlt dafür aber einen hohen Preis. In diesem sehr langatmig erzählten Teil des Romans läßt Solares u. a. B. Traven auftreten, der eine seiner Geschichten zum besten gibt; außerdem lernen die Leserinnen und Leser den sagenumwobenen Teniente Rivera González kennen, der den wahren Mörder Trotzkis entlarvte. Einen kurzen Auftritt hat auch Hitchcock, sowie der Autor selbst als siebenjähriger Entdecker einer der Mächenleichen.
25 Jahre später wird der Journalist Bernardo Blanco in Paracuán ermordet. Die Art der Ermordung weist auf eine Tat des Kolumbien-Kartells hin. Im Zuge der Aufklärung durch Ramón Cabrera wird schnell klar, daß der Journalist über die wahren Hintergründe und Täter der Mädchenmorde von 1977 recherchierte und deshalb ermordet wurde.
Um etwa die Hälfte gekürzt hätte die Geschichte ein weiterer spannender Kriminalroman über die nicht enden wollende Geschichte von Korruption und Verbrechen innerhalb der mexikanischen Politik und Polizei werden können. Leider hat der Autor die Story mit einer unendlichen Fülle von Personen ausgestattet, von denen viele dann einmal mit Vornamen, dann mit Nachnamen und schließlich mit ihren Aliasnamen auftreten. Das beigefügte vierseitige Namensverzeichnis ist zwar hilfreich aber sehr lästig und verhindert einen wahren Lesegenuß. Das ist zwar schade – dennoch ist der Roman empfehlenswert.
Klaus Küpper (Bücher zu Lateinamerika)