Zum Buch:
Es gibt kein Morgen ohne Gestern war der Titel eines Parlamentsantrags, mit dem Präsident Lagos Escobar im August 2003, fast dreißig Jahre nach dem Militärputsch, Maßnahmen anordnete, die dazu beitragen sollten die durch die gravierenden Menschenrechtsverletzungen zwischen dem 11. September 1973 und dem 10. März 1990 entstandenen Wunden zu heilen. Das hier vorliegende Dokument ist die (gekürzte) Übersetzung des Berichts der daraufhin eingesetzten Untersuchtungskommission, die ca. ein Jahr lang arbeitete. In diesem Zeitraum wurden ca. 35.000 Personen befragt, ihre Aussagen geprüft und bewertet, (28.000 von ihnen wurden als Opfer von Folter und politischer Haft anerkannt) und Empfehlungen für die Wiedergutmachung ausgesprochen. Der Bericht ist ein erschütternden Dokument über eine fast 17 Jahre andauernde Unterdrückung und Folterung durch ein verbrecherisches Regime, dem außerdem noch Tausende von Toten und Verschwundenen zum Opfer fielen. Beteiligt waren Angehörige aller Waffengattungen des Militärs, der Sicherheitsorgane und des Geheimdienstes. Über 800 Haftorte im ganzen Land wurden identifiziert. In dem Bericht werden sämtliche angewandten Foltermethoden durch Zeugenaussagen dokumentiert (viele der Opfer, die Mehrheit zwischen 17 und 24 Jahre alt, hatten bis dahin aus Scham geschwiegen). Sie reichen von Demütigungen und Drohungen, Entkleidung, Schlägen, Scheinerschießungen, Vergewaltigungen, Stromstößen, Schlafentzug bis zum Russischen Roulette und zur sexuellen Gewalt gegen Frauen. Gesondert aufgeführt sind die manigfachen Folgen der erlittenen Haft und Folter (Verletzungen, Krankheiten, psychische, zwischenmenschliche Folgen, Traumata und Trauer). Wie sagte doch damals, 1973, ein deutscher Politiker: bei sonnigem Wetter ist das Leben im Stadion (von Santiago de Chile, in dem tausende Gefangene festgehalten wurden) sehr angenehm.
Klaus Küpper (Bücher zu Lateinamerika)