Zum Buch:
Nun wird ja niemand glauben, daß Castro ausgerechnet einen Flüchtling damit beauftragt hat, sozusagen als Ghostwriter seine Biographie zu schreiben. Andererseits wäre aber Norberto Fuentes, ein langjähriger enger Vertrauter des 81jährigen máximo líder, vielleicht gerade dazu prädistiniert gewesen, diese Arbeit zu übernehmen. Nun hat Fuentes aber auch ohne Auftrag gehandelt und das Leben Castros zu einem umfangreichen Roman umgearbeitet (von dem Originalwerk wurden über 1200 Seiten gestrichen). Das Buch erscheint paßgenau in einer Zeit, in der alle Welt über die Krankheit Castros rätselt und darüber spekuliert, ob er wieder an die Schalthebel der Macht zurückkehren kann.
Aber wer glaubt, Fuentes ergreift mit seinem Roman die Gelegenheit, mit dem ehemaligen Genossen abzurechnen, wird enttäuscht. Mit der Kombination von Fakten und Fiktion, deren Abgrenzung allerdings ohnehin nur schwer auszumachen ist, ist dem Autor ein Meisterstück gelungen. Als Biographie getarnt, hätte Fuentes einen großmauligen, rechthaberischen Revolutionsführer zeichnen können. Dieser Versuchung hat er widerstanden; sein Castro ist nicht immer und überall der allwissende und nur egomanische Machthaber, wie ihn seine Feinde gerne darstellen. Er zeichnet durchaus einen manchmal zweifelnden aber gleichwohl überaus selbstbewußten und eitlen Machthaber.
Die spannende Darstellung informiert über alle wichtigen Ereignisse der kubanischen Geschichte, den Sieg über die US-amerikanische gelenkte Invasion in der Schweinebucht ebenso wie die bittere Niederlage durch die Nichtinstallierung der sowjetischen Raketen. Der über 80seitige Anhang enthält einen ausführlichen bibliographischen Anhang, eine Totenliste, die Lebensdaten Castros und eine Schlußbemerkung des Autors, in der er das Motiv seiner Biographie erklärt: Meine Absicht war, eine Biographie Fidel Castros zu schreiben, die im Gegensatz zu allem, was bis dahin über ihn veröffentlicht worden war aus seiner eigenen, weniger persönlichen, als vielmehr vertraulichen Sicht erzählt werden sollte. Diese Perspektive der ersten Person sollte das einzige fiktive oder romaneske Mittel sein, das ich mir erlauben würde. … Das Entscheidende … (sind) die Motive seines Handels, und nach den Motiven die Ziele. Sein erklärtes Ziel war, so Fuentes, die Autobiographie von Castro so anzulegen, daß sie in ihrer umfassenden und zugleich höchst vertraulichen Sichtweise nicht einmal von Fidel Castro selbst zu übertreffen wäre … Selbst eine von Castro verfaßte Autobiographie konnte nicht die Freiheit und die Lebendigkeit besitzen, die seine Fassung auszeichne.
Die Leserinnen und Leser erwartet ein höchst spannendes und gleichzeitig amüsantes Leseabenteuer! (zum Thema siehe auch: Amir Valle: Die Wörter und die Toten)
Klaus Küpper (Bücher zu Lateinamerika)