Sachbuch

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Buchempfehlungen Sachbuch

Autor
Christie, Stuart

Meine Oma, General Franco und ich

Untertitel
Autobiographie. Aus dem Englischen von Gabriele Haefs
Beschreibung

Vor zehn Jahren veröffentlichte Englands berühmtester Anarchist seine Autobiographie unter dem Titel “Granny made me an anarchist”. Jetzt ist sie endlich auch in deutscher Übersetzung erschienen. Stuart Christie stand 1965 mit 18 Jahren in Madrid vor Gericht, angeklagt wegen Terrorismus und Mordversuch an dem spanischen Diktator Franco. Er wurde zu 20 Jahren “geringfügiger Haft” verurteilt.

Spannend und in einem nüchternen, sehr aufrichtigen Ton geschrieben, packen Christies Erinnerungen den Leser und machen bewusst, wie apolitisch Jugendliche heute in der Regel aufwachsen und in welche unpolitische Ecke die modernen Demokratien ihre Bürger mit verstärktem Konsum manövriert haben.

(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Edition Nautilus, 2014
Format
Gebunden
Seiten
416 Seiten
ISBN/EAN
9783894017873
Preis
24,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Stuart Christie, geboren. 1946 in Glasgow und benannt nach dem britischen Thronprätendenten Charles Edward Stuart, wuchs bei seiner Mutter und seinen Großeltern in ärmlichen Verhältnissen in Partick, Schottland, auf. Er engagierte sich schon als Jugendlicher politisch, der Attentatsversuch auf Franco und der Prozess der Angry Brigade waren nur die Höhepunkte seiner anarchistischen Laufbahn. Er lebt heute in East Sussex.

Zum Buch:

Vor zehn Jahren veröffentlichte Englands berühmtester Anarchist seine Autobiographie unter dem Titel “Granny made me an anarchist”. Jetzt ist sie endlich auch in deutscher Übersetzung erschienen. Stuart Christie stand 1965 mit 18 Jahren in Madrid vor Gericht, angeklagt wegen Terrorismus und Mordversuch an dem spanischen Diktator Franco. Er wurde zu 20 Jahren “geringfügiger Haft” verurteilt.

Spannend und in einem nüchternen, sehr aufrichtigen Ton geschrieben, packen Christies Erinnerungen den Leser und machen bewusst, wie apolitisch Jugendliche heute in der Regel aufwachsen und in welche unpolitische Ecke die modernen Demokratien ihre Bürger mit verstärktem Konsum manövriert haben.

Christie wird 1946 in das Glasgower Proletariat geboren und wächst bei seiner Großmutter auf. Die alte Dame, politisch informiert und auf der Seite der Schwachen, konnte in Sachen Erziehung rigoros werden, zu Karbolseife greifen und ihrem Enkel den Mund damit auswaschen, damit er das Fluchen sein ließ. 1962 tritt Christie 16-jährig der Anarchist Federation in Glasgow bei. Am 10. August 1965 wird er in Madrid verhaftet – in seinem Rucksack: Sprengstoff, in seiner Jacke eingenäht: die Zünder. Auf massiven internationalen politischen Druck hin kommt Christie zwei Jahre später frei. Franco will mit der Begnadigung vor allem verhindern, dass der beginnende europäische Touristenstrom nach Südspanien abreißt.

Besonders aufschlussreich ist der dritte Teil der Autobiographie, in der Christie von seiner Londoner Zeit, den Jahren 1967 bis 1975, erzählt. 1971 steht er als vermeintliches Mitglied der Angry Brigade in London vor Gericht. Erschreckend, in welchem Maß die Medien von der Regierung manipuliert wurden! Und nicht nur das: Die Geheimdienste der europäischen Länder waren auch damals bereit, für den Erhalt der Macht zu morden, zu vertuschen und Unschuldige für Jahre hinter Gitter zu bringen.

Stuart Christies Autobiographie weckt auf. Wer geht für Pu Zhiqiang, den Anwalt Ai Weiweis, auf die Straße? Er wurde verhaftet, weil er an einem Treffen teilgenommen hat, bei dem der Demokratiebewegung und ihrer blutigen Unterdrückung vor 25 Jahren im Tiananmen-Massaker gedacht wurde. Und wäre es nicht an der Zeit, sich im vereinten Europa gegen die schleichende Entdemokratisierung durch die Gesetze der EU zu wehren?

Susanne Rikl, München