Zum Buch:
Es ist doch so: immer dann, wenn es um ausgestorbene Tiere geht, wird für gewöhnlich der gute alte Dodo als mahnendes Beispiel herangezogen; da macht das Cover dieses tollen Buches hier keine Ausnahme. Aber was ist denn eigentlich ein Dodo? Wo kommt der her? Und wann und weshalb ist dieses Tier überhaupt ausgestorben?
Nun, der Dodo ist – war – ein mit der Taube verwandter, flugunfähiger Laufvogel, der auf der Insel Mauritius beheimatet war, auf der er keine natürlichen Feinde hatte. Bis ihn dann Seeleute als leichte Beute für das Auffüllen ihrer Vorräte an Frischfleisch entdeckten, denn ein ausgewachsener Dodo wog immerhin um die 20 Kilo und baute seine Nester direkt auf dem Boden. Eingeschleppte Ratten, aber auch verwilderte Haustiere wie Katzen, Hunde und Schweine gaben ihm dann den Rest. Um 1680 landete der allerletzte Dodo in der Pfanne. Übrigens kommt der Name Dodo vom portugiesischen „doido“, was „verrückt“ oder „dumm“ bedeutet, aber auch vom niederländischen „dodars“ oder „dodoors“, zu Deutsch „faul“; auf Französisch bedeutet „faire dodo“ schlafen gehen.
Natürlich könnte man das alles auch in jedem Lexikon oder auf Wikipedia nachschlagen, das ist keine Kunst – aber dafür ziemlich trocken. Viel interessanter ist es hingegen, die Geschichten dieser und einer Vielzahl weiterer ausgestorbener Tiere vom Illustratoren-Autoren-Duo Rajcak/Laverdunt erzählt zu bekommen. Das ist genauso informativ, aber wegen der in Comicform gehaltenen Gestaltung viel lebendiger und teilweise richtiggehend komisch, was der Ernsthaftigkeit des Themas jedoch absolut keinen Abbruch tut.
Beschrieben werden ausgestorbene Tiere wie beispielsweise das Riesenfaultier, 4 m hoch und 3 t schwer, oder der Elefantenvogel, dessen Ei dem Umfang von hundert Hühnereiern entsprach, oder das Tretretretre, eine auf Madagaskar lebende Lemurenart, von der die Einheimischen glaubten, es handele sich um verzauberte Menschen. Oder hier: der Europäische Löwe, ausgestorben um 100 n. Chr., der im gesamtem Mittelmeerraum vorkam und bei den römischen Zirkusspielen zu Tausenden abgeschlachtet wurde. Oder die Stellersche Seekuh, ein 8 m langes und 10 t schweres, zahnloses Ungetüm, das sich allein von Algen ernährte und „erst“ Mitte des 18. Jahrhunderts vollständig ausgerottet wurde. Neben all den Riesen hat mich in diesem Buch aber am meisten der Sizilianische Zwergelefant beeindruckt, der genauso aussah wie unsere Elefanten heute, nur kleiner. Viel kleiner. Er war gerademal einen halben Meter hoch. Aber den dazu erdachten Comicstrip fand ich auch am besten.
„Unglaubliche Geschichten von ausgestorbenen Tieren“ ist ein Buch für die ganze Familie, das zum Entdecken und Staunen einlädt, aber ebenso zum Nachdenken. Denn wenn man bedenkt, dass pro Stunde (!) allein in den tropischen Regenwäldern weltweit etwa drei Arten für immer verschwinden, dann ist das mehr als tragisch. Und wenn man sich ausmalt, all diese hier beschriebenen, wunderbaren Tiere würden heute noch leben, nicht in einem Zoo, sondern in ihrer natürlichen Umwelt – wäre das keine schöne Vorstellung?
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln