Zum Buch:
Die Unschärfe der Welt erzählt die Geschichte einer Familie aus Siebenbürgen und dem Banat über vier Generationen. Im Zentrum des Romans steht Samuel. Er ist die einzige Figur, die in jedem Kapitel auftaucht – auch wenn er nicht immer die Hauptrolle spielt
Samuel ist der Sohn von Hannes und Florentine, einem Pfarrersehepaar der evangelischen Gemeinde in dem Banater Dorf, in dem sie leben. Um sie herum gruppieren sich Großeltern, Freunde und Nachbarn. In sieben abgeschlossenen und doch miteinander verbundenen Kapiteln, in denen jeweils unterschiedliche Protagonisten im Mittelpunkt stehen, entwirft der Roman ein Geflecht aus Beziehungen und Schicksalen in der Vielvölkerregion Rumänien vor dem Hintergrund der politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen der Zeit zwischen Monarchie und Ceaușescu-Diktatur. Es sind alltägliche Geschichten von Liebe, Freundschaft, Verlust, Verrat und Treue, aber auch vom Preis, der dafür zu zahlen ist und der durchaus ein gesamtes Leben auf den Kopf stellen kann.
Es gibt Bücher, in denen auf zweihundert Seiten so viel erzählt wird wie in einer achthundertseitigen Saga, denen aber dennoch nichts fehlt, um den Text vollkommen zu machen. Weil der Autor den LeserInnen Platz lässt für eigene Bilder, Fantasien, Erinnerungen. Weil nicht alles auserzählt, erklärt, psychologisiert, sondern so stehen gelassen wird, wie es ist. Die Unschärfe der Welt ist so ein Buch. Wie bei einem impressionistischen Gemälde tupft Iris Wolff Szenen aufs Papier, die sich erst dann zu einem Gesamtbild fügen, wenn man aufhört, alles sofort in seiner Intention erfassen zu wollen. Wolffs Sprache ist ruhig, undramatisch und sehr präzise Vielleicht ist dieses Buch auch deshalb so berührend, weil die Personen in einer Gesellschaft leben, in der – anders als in unserer doch sehr sicheren westlichen Welt – Werte wie Aufrichtigkeit, Mut und Vertrauen überlebenswichtig sind.
Ruth Roebke, Bochum