Zum Buch:
Igor, ein gelangweilter Dreißigjähriger, der noch im Haus seiner Mutter in der Nähe von Kiew wohnt, fährt mit Stepan, dem von der Mutter zur falschen Jahreszeit eingestellten Gärtner um die sechzig, in das kleine Hafenstädtchen Otschakow und erlebt dort ungeahnte Abenteuer. Andrej Kurkow, ukrainischer Autor russischer Herkunft, schickt Igor und mit ihm alle Leser auf eine höchst vergnügliche und aufschlussreiche Zeitreise.
Die Reise hat sich gelohnt: Stepan, der Gärtner, findet mit Hilfe einer rätselhaften Tätowierung auf seinem Arm in Otschakow sein väterliches Erbe: drei Lederkoffer, gefüllt mit allerhand wertvollem Diebesgut. Den Inhalt des einen Koffers, eine alte Milizuniform samt Waffe und Stiefeln, vermacht Stepan seinem Reisegenossen Igor, der von seinem Anteil nicht besonders begeistert ist. Doch eines Abends, als er sich die alte Uniform anzieht, um im angesagten Retro-Chic zur Party seines besten Freundes Koljan zu gehen, passiert das Unglaubliche: Igor reist durch die Dunkelheit in die Vergangenheit und findet sich in Otschakow im Jahr 1957 wieder. Als Vertreter der Miliz plötzlich ein angesehener Mann, erlebt er bei der Bevölkerung von Otschakow in dem besten aller Jahre der Ära Chruschtschow einen unschlagbaren Optimismus, den Aufbruch in eine neue Zeit. Igor verliebt sich in eine hübsche Marktfrau, die rote Walja, und macht sich damit den größten Gauner der kleinen Stadt zum Feind.
Es ist wunderbar, Igors vielfache Verwandlungen mitzuerleben. Kurkow führt diesen alternden Jüngling sanft und humorvoll auf dem Umweg der Vergangenheit in sein zukünftiges Leben. Ganz nebenbei lernt man die Ukraine und die Menschen dort genauer kennen. Und schließlich ist man versucht, dem Autor zuzustimmen, der bei einem Interview auf der Leipziger Buchmesse schmunzelnd sagte, dass man die politische Zukunft dieses Landes am besten in die Händen von Frauen legen sollte. Ex eventu eine mutige Bemerkung von großem politischem Gewicht.
Susanne Rikl, München