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Autor
Zimmermann, Moshe

Die Angst vor dem Frieden

Untertitel
Das israelische Dilemma
Beschreibung

Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern verschärft sich seit Jahren. Moshe Zimmermann zeigt auf, dass die israelische Gesellschaft ihr kostbarstes Gut, den demokratisch legitimierten Staat, zu zerstören droht. Er erklärt die historischen Hintergründe und aktuellen Folgen einer Politik, die den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt nicht durchbrechen kann.
(Klappentext)

Verlag
Aufbau Verlag, 2010
Format
Kartoniert
Seiten
152 Seiten
ISBN/EAN
978-3-351-02717-9
Preis
14,99 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Moshe Zimmermann wurde im Dezember 1943 in Jerusalem geboren. Seine Eltern, Hamburger Juden, waren 1937 bzw. 1938 eingewandert. Er besuchte in Jerusalem Schule, Gymnasium und Universität (1976 Promotion). 1982 wurde Moshe Zimmermann Professor für Neuere Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem. Seit 1986 leitet er zudem das R. Koebner-Institut für deutsche Geschichte an dieser Universität.

Zum Buch:

Das Stoßtruppunternehmen der israelischen Armee gegen Schiffe, die die Blockade gegen 1,3 Millionen im Gazastreifen mehr darbende als lebende Palästinenser durchbrechen wollten, löste weltweit Empörung aus. Kant hätte den völkerrechtswidrigen Angriff auf Schiffe der „barbarischen Freiheit schon gestifteter Staaten“ zugerechnet.

Der israelische Historiker Moshe Zimmermann hat sein Buch „Die Angst vor dem Frieden“ geschrieben, bevor die israelische Armee neun Menschen erschoss. Zimmermann argumentiert weder völkerrechtlich noch theologisch-moralisch, sondern politisch und soziologisch. Das Handeln der israelischen Regierungen orientiert sich schon längst nicht mehr an völkerrechtlichen Normen, sondern an den politischen Interessen seiner starken Verbündeten und an den Interessen minoritärer, aber politisch einflussreicher Kräfte im Inland. Beide – die starken Verbündeten draußen und die Minderheiten drinnen – setzen auf eine irrationale Macht. Sie beschwören die Angst vor einem Frieden mit den Palästinensern und stützen sich dabei auf Geschichtsbilder und -legenden rechter Parteien. 75 Prozent der Israelis wählen rechte oder rechtsradikale Parteien. Den Teilungsplan von 1947, also eine zwei-Staaten-Lösung, lehnte zunächst die palästinensische Seite ab, weil sie sich übervorteilt sah. Nach den Eroberungen im Krieg von 1967 verweigerte der Landgewinner Israel jede Rückkehr zum status quo ante. Es vergingen weitere zwanzig Jahre, bis die PLO unter Yassir Arafat das Existenzrecht Israels endlich anerkannte und damit den Weg für Friedenslösungen öffnete. Itzhak Rabin, der erste israelische Politiker, der ernsthaft nach einem Frieden strebte, bezahlte den Versuch, der mit dem Oslo-Abkommen (1993) endete, zwei Jahre später mit seinem Leben, als ihn ein rechtsradikaler Israeli erschoss. Seither betreiben alle israelischen Regierungen Politik mit der „Angst vor dem Frieden“, was in Israel besser ankommt als eine aktive Friedenspolitik. Zimmermann zeigt, dass diese Angstmaschinerie nicht auf einer „jüdischen Verschwörung“ beruht – wie die antisemitische Propaganda suggeriert -, sondern auf dem Rückhalt, den nationalreligiös gewendete Zionisten, die Religiös-Orthodoxen, die rassistischen Araber-Hasser, nationalistisch verblendete Siedler, die radikale Siedlerjugend und die alles dominierende Militärkaste in der Militärdemokratie Israel bei weiten Teilen der Bevölkerung genießen. Alle diese Interessengruppen folgen einem Imperativ, den der amtierende Außenminister Lieberman offen formulierte: „Schwächlinge haben keine Überlebenschancen“. Eine herausragende Rolle spielt dabei die Kooperation von Militärrabbinat, Erziehungssystem und den Medien unter Staatseinfluss. Alle drei zusammen sorgen dafür, dass das Militär „den Staat als Filiale“ betrachtet und die Politik als Hilfskraft des Militärs. Nichts beweist deutlicher die politische und intellektuelle „Verrohung der Gesellschaft“ (Zimmermann) als die Tatsache, dass vier Fünftel der israelischen Gesellschaft den Mauerbau zwischen Israel und der Westbank befürworten. Als Geiseln bzw. Hilfstruppen in der auf Angstmacherei beruhenden israelischen Politik fungieren die Diasporajuden sowie die westlichen Verbündeten. Auf deren bedingungslose Solidarität kann sich Israel auch dann verlassen, wenn es wegen zweier entführter Soldaten den Libanon mit Krieg überzieht. Das Schicksal des europäischen Judentums bewirkte, dass „die existentielle Angst zum obersten Gebot“ der Politik wurde, wobei – so Zimmermann – „von einer Instrumentalisierung oder gar manchmal einem zynischen Umgang mit der Geschichte des Antisemitismus und der Shoah gesprochen werden kann und darf.“ Ein wichtiges Buch, ein starkes Stück Aufklärung. Rudolf Walther, Frankfurt am Main