Zum Buch:
Nicht nur „die herrschenden Klassen waren und sind sich uneins im richtigen Umgang mit der gegenwärtigen Krise und mit Europa“, auch die Linken sind bislang kaum über „eine Haltung der (bisher wenig erfolgreichen) Abwehr“ der Krisenfolgen hinausgekommen. Umso gespannter können die interessierten LeserInnen sein, wenn Alex Demirovic (dem dieser Sammelband anläßlich seines 60. Geburtstages gewidmet ist) und Thomas Sablowski in ihrem nicht nur vom Umfang her zentralen Aufsatz der Frage nach dem „emanzipatorischen Moment“ der gegenwärtigen Krisentendenzen nachgehen. Wer sich dazu hinreißen läßt, 50 Seiten zu überspringen um nachzuschauen, ob der politisch-theoretische „Krimi“ zu einem „guten Schluss“ kommt, sieht sich mit einer dann doch etwas überraschenden Perspektive konfrontiert: „Ein von unten aufgebautes, sozialistisches Europa könnte der Rahmen sein, um den Übergang zu einer anderen Produktions- und Lebensweise in Europa und darüber hinaus einzuleiten.“ Es geht also hier und in den Beiträgen von Sabah Alnasseri, Brigitte Aulenbacher, Hans-Jürgen Bieling, Susanne Heeg, Bob Jessop, Bernd Röttger, Birgit Sauer, Markus Wissen und anderen nicht nur darum, in der akademischen Konkurrenz der theoretischen Ansätze „das Potenzial der Regulationstheorie dahingehend auszuloten, die aktuelle Krise genauer zu verstehen“, wie es die HerausgeberInnen in ihrer Einleitung formulieren – gerade das kritische „Wissen um die Kräfte blockierter Alternativen“ kann für uns sozial und politisch Subalternen zu einem wesentlichen Moment der Gewinnung neuer „strategischer Handlungsfähigkeit“ werden (Röttger). Versucht werden deshalb mehr oder weniger direkte, unterschiedlich konkrete Interventionen in die Formierungsversuche emanzipativer sozialer Bewegungen und politischer Prozesse, indem deren (mögliche) Bedingungen der theoretisch geschärften kritischen Reflexion unterzogen werden. Welche Weiterungen und Vertiefungen dazu im Feld der regulationstheoretischen Ansätze anzugehen sind, markiert der Beitrag von Joachim Hirsch, mit dem der Band schließt: letzten Endes sei der „enge Rahmen“ einer „Theorie mittlerer Reichweite“ zu verlassen und „die Qualität einer Kritik der Politischen Ökonomie auf der Höhe der Zeit“ zu erreichen – ein Unterfangen, das ja auch andere Projekte kritischer Theorie umtreibt.
Micha Hintz Karl Marx Buchhandlung, Frankfurt