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Zimmer für immer

Autor
Reichardt, Lars

Zimmer für immer

Untertitel
Meine Suche nach einem Ort zum Bleiben
Beschreibung

Unsere Bevölkerung wächst, Gesellschaftsformen und die Vorstellungen davon, wie Menschen miteinander leben wollen, ändern sich. Lars Reichardt, SZ-Redakteur und Autor unterschiedlicher Reportagen verwendet in Zimmer für immer seine eigene „Wohn-Vita“ als Grundlage der Recherche über gelingende und scheiternde WGs und Wohnprojekte. In kurzweiligen, anekdotisch erzählten Kapiteln über Teilzeit-MitbewohnerInnen, Ökodörfer und Hippiekommunen erfahren wir viele gute Gründe, es auch als Erwachsene jenseits der wilden Studienzeiten mal wieder mit einer WG zu versuchen – oder eben auch nicht. In Zeiten großen Veränderungsbedarfs ist gemeinsames Wohnen auf jeden Fall eine von vielen denkbaren Möglichkeiten, Räume und Ressourcen zu teilen. Danke an Lars Reichardt für seinen vergnüglichen und anregenden Exkurs ins Thema Wohnen!
(ausführliche Besprechung unten )

Verlag
Kein & Aber Verlag, 2023
Seiten
224
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-0369-5004-4
Preis
24,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Lars Reichardt studierte Philosophie und arbeitet beim Magazin der Süddeutschen Zeitung. 2018 erschien sein erstes Buch Barbara. Das sonderbare Leben meiner Mutter Barbara Valentin. Er lebt in München.

Zum Buch:

Unsere Bevölkerung wächst, Gesellschaftsformen und die Vorstellungen davon, wie Menschen miteinander leben wollen, ändern sich. Alternative Wohnprojekte gab es vermutlich schon immer, oft getrieben von dem Wunsch, sich von gerade herrschenden gesellschaftlichen Zwängen zu befreien oder andere ideelle Werte für ein Miteinander mit Leben zu füllen. Dass diese Bestrebungen, die zwar häufiger in antikapitalistischen Kreisen entstanden, mittlerweile auch in exklusiveren Formen und mit anderen Zielen umgesetzt werden, ist nicht verwunderlich. Es bilden sich weitverzweigte Netzwerke für gemeinschaftliches Wohnen, Austausch wird gesucht und angeboten, um die Chancen des Gelingens zu vergrößern.

Lars Reichardt, Redakteur des Magazins der „Süddeutschen Zeitung“ und Autor unterschiedlicher Reportagen lädt ein, sich mit ihm auf die Suche nach einem Zimmer für immer zu machen. Er verwendet seine eigene „Wohn-Vita“ als Grundlage der Recherche über funktionierende und scheiternde WGs und Wohnprojekte. In kurzweiligen, anekdotisch erzählten Kapiteln über Teilzeit-MitbewohnerInnen, ihre Konfliktbereitschaft und Eigenheiten erfahren wir viele gute Gründe, es auch als Erwachsene jenseits der wilden Studienzeiten mal wieder mit einer WG zu versuchen – oder eben auch nicht.

Ziemlich unterhaltsam und informativ berichtet Reichardt von Mehrgenerationen-Häusern, alternativen Kommunen wie Utopiaggia, das 1982 in Mittelitalien gegründet und immer wieder von SoziologInnen be- und untersucht wurde, oder von Wir-Prozessen in der alternativen Dorfgemeinschaft Tempelhof, die er augenzwinkernd, aber nicht abwertend als „schwäbischen Hightech-Kibbuz“ bezeichnet. Ob ein ganzes Dorf, ein Haus oder mehrere, zwei, drei oder vier MitbewohnerInnen in einer gemeinsamen Wohnung ein gelingendes Miteinander wahrscheinlich machen, bleibt auch nach der Recherche des Autors unbeantwortet, denn schließlich sind Menschen in ihren Bedürfnissen und ihrer Fähigkeit zur Toleranz sehr verschieden.

Es ist kein Geheimnis, dass Großfamilien in Industrieländern schon lange der Geschichte angehören und ein stabiles Miteinander auch in Kleinfamilien, angesichts einer aktuellen Scheidungsrate von ungefähr 40% (in Deutschland) immer seltener wird. Da die bislang oft einzige Alternative zur Familie das Alleinleben ist, kündigen sich in Gesellschaften der Industrienationen weitreichende Probleme an, Stichwort „Pflegenotstand“ und „demografische Krise“. In England und Japan gibt es seit einigen Jahren sogar bereits ein Ministerium zur Bekämpfung von Einsamkeit, dem anderen Gesicht eines fröhlich-ungebundenen Single-Daseins. Sollten wir also mitdenken und miterfinden, wie es anders gehen kann?

Auch wenn eine langsam schrumpfende Gruppe von Menschen ihre wenig sozialen und klimaintensiven Lebensformen gerne beibehalten möchte, sind alle anderen, auch Städte und Kommunen, aufgefordert, ihrer Vorstellungskraft für neue Wege in die Zukunft freien Lauf zu lassen. Bei so viel Veränderungsbedarf werden wir nicht nur unser Mobilitätsverhalten, das Gesundheitswesen und die Herkunft der benötigten Energien überdenken müssen, sondern vor allem unser gesellschaftliches Miteinander. Gemeinsam zu wohnen ist dabei nicht nur eine Möglichkeit, Räume und Ressourcen zu teilen, sondern auch eine nachhaltige Übung in Toleranz. Vielen Dank an Lars Reichardt für seinen vergnüglichen und anregenden Exkurs ins Thema Wohnen!

Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt