Zum Buch:
In einem spannenden Laborversuch hat das Metropolenprojekt Berlin-Buenos Aires im Oktober 2004 politische AktivistInnen, MitarbeiterInnen sozialer Projekte und KünstlerInnen aus der argentinischen und der deutschen Hauptstadt zusammengebracht um die jeweiligen Erfahrungen ihrer Arbeit zu den Themenfeldern ökonomische Krise und soziale Organisation, künstlerische Intervention und gesellschaftliche Prozesse sowie Erinnerungskultur auszutauschen. Der größte Teil des Buches ist als Gesprächscollage angelegt, im zweiten Teil werden einige Themen in Einzelinterviews und Essays vertieft. Wenngleich sich einfache Gleichsetzungen und Pauschalisierungen verbieten, wird in den Aussagen doch deutlich, wie die Ausgrenzungsprozesse im globalisierten Kapitalismus weltweit ähnliche Muster aufweisen, auch wenn etwa die Zerschlagung sozialer Sicherungssysteme in Argentinien und Deutschland unterschiedlich weit vorangeschritten ist. Wie auf den Rückzug des Staates aus der sozialen Verantwortung zu reagieren ist, wird durchaus kontrovers diskutiert, wobei die Debattenlinien keineswegs eindeutig zwischen hier und drüben verlaufen. Bedeutet die Betonung von Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit einen neuen emanzipatorischen Ansatz oder übernimmt man damit letztlich die neoliberalen Prämissen, ist etwa eine Frage, die sich sozialen AktivistInnen derzeit weltweit stellen (müssen).
Gert Eisenbürger (Bücher zu Lateinamerika)