Zum Buch:
Aufgewachsen irgendwo im Ruhrgebiet, hat die namenlose Protagonistin von Jasmina Kuhnkes Debütroman Schwarzes Herz in ihrem Leben zahlreiche Erfahrungen mit Ausgrenzung und Gewalt gemacht. Einem Befreiungsschlag gleich, schreibt sich die junge Mutter diese nun von der Seele, nachdem sie sich vom Vater ihrer Kinder nach Jahren der häuslichen Gewalt getrennt hat. Von klein auf hat sie Anfeindungen erlebt – aufgrund ihrer Herkunft und aufgrund der prekären sozialen Verhältnisse, in denen sie aufwächst. Ihr Vater, den sie nie kennengelernt hat, stammt aus Gambia, ihre Mutter ist Serbokroatin, alleinerziehend, immerzu bei der Arbeit und mit einem Mann zusammen, der seine Stieftochter schlecht behandelt. Immer wieder webt sie so Erinnerungen an Ausgrenzungserfahrungen in ihre Reflexionen mit ein.
Was Janina Kuhnkes Protagonistin in mal derben, mal umgangssprachlichen, immer jedoch sehr eindrücklichen Bildern schildert, rüttelt auf. Sicherlich muss der Text, der ausdrücklich als Roman bezeichnet wird, auch als Stimme der Autorin Kuhnke gelesen werden, obwohl die Protagonistin nicht ihren Namen trägt. Jasmina Kuhnke selbst ist Aktivistin, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den in Deutschland vorherrschenden strukturellen Rassismus sichtbar zu machen. Ihr Medium ist dabei vor allem Twitter. Verfolgt man ihre Kommunikation dort, kommt dem Leser ihr Stil im nun vorgelegten Roman bekannt vor.
Wenn dieser Text in seiner stellenweisen Heftigkeit nun anstrengend oder gar abstoßend wirkt, macht ihn das nur authentischer und stellt ihn eben in den Dienst dessen, was als Anliegen der Autorin angenommen werden muss: Das Buch lässt den als Teil der weißen Mehrheitsgesellschaft angenommenen Leser Erfahrungen von Misogynie und vor allem Rassismus nachfühlen. Es versetzt ihn in die Lage, eben das zu fühlen, was ansonsten aufgrund der gesellschaftlichen Struktur nur den Angehörigen der diskriminierten Minderheit offenbar wird. Jasmina Kuhnke hat es so geschafft, ihre Arbeit auf gelungene Weise auf ein anderes Medium – das der Literatur – zu übertragen.
Damit ist der Roman genau so ätzend, wie er es sein muss. Eine Lektüre, die nicht immer leicht ist, aber sicherlich lohnenswert.
Max Eisenbarth, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt