Zum Buch:
Karla hat noch ein halbes Jahr, vielleicht. Und das Letzte, was sie braucht, ist ein Sterbebegleiter. Genau der meldet sich aber bei ihr in der Person von Fred Wiener, Angestellter, alleinerziehender Vater des 13-jährigen Phil, immer ein bisschen zu früh vor Ort. Susann Pásztor erzählt in ihrem dritten Roman die Geschichte von Karla, Fred, Phil und noch ein paar Leuten: eine Geschichte vom Sterben – und vom Leben.
Sie hat ein wildes Leben geführt, als Hippie, als Deadhead seit den Siebzigern, sie hat Silberschmuck und Ledertaschen entworfen und Immobilien vertickt. In ihrem Flur hängen jede Menge Schwarzweißfotos von Konzerten, alle von ihr selbst geschossen. Leo Klaffki, ihr Hausmeister, ist beim ersten Besuch in ihrer Wohnung richtig aus dem Häuschen. Und seine Begeisterung tut Karla Jenner offensichtlich gut. Ganz im Gegensatz zu den kontrollierenden Anrufen von Fred Wiener, die ihr auf den Nerv gehen. Sie ist kurz davor, ihn gnadenlos in die Wüste zu schicken, als er sie zusammen mit Klaffki zu sich nach Hause einlädt, an Weihnachten. Aber dieser Nachmittag geht gründlich in die Hose, weil Fred sich angemaßt hat, eine Familienzusammenführung mit Karlas Schwester zu inszenieren. Die beiden hatten 30 Jahre keinen Kontakt mehr, aus gutem Grund. Das war’s dann endgültig für Fred als Karlas Sterbebegleiter. Nur Phil hat jetzt noch Kontakt zu ihr, er archiviert ihre Konzertfotos. Und er verliebt sich dabei ein bisschen in Rona, die Studentin, die sich auch um Karla kümmert und in der Kneipe um die Ecke jobbt.
Als Karla ein paar Wochen später im Aufzug ihres Wohnhauses stecken bleibt, beschließt Klaffki, dass Fred eine zweite Chance verdient hat, und ruft ihn an. Der Dialog, den die beiden dann führen, Karla in der Kabine im Dunkeln, Fred auf dem Boden auf Klaffkis Jacke sitzend, den muss man ein paar Mal hintereinander lesen.
Es wäre ein Fehler zu behaupten, dieser Roman sei fröhlich. Wie auch, denn jeder weiß, dass Karla am Ende sterben wird. Aber trotz alledem ist er randvoll mit gutem Humor. Aus jedem Satz, auch aus den traurigen, sprießt das Leben wie im Frühling die Knospen – Susann Pásztor eben.
Susanne Rikl, München