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Autor
Brask, Morten

Das perfekte Leben des William Sidis

Untertitel
Roman. Aus dem Dänischen von Peter Urban-Halle
Beschreibung

Dieses Bucherzählt ein wahres Leben und eine erfundene Geschichte zugleich: die Romanbiographie des William James Sidis, der laut Wikipedia ein Wunderkind und Exzentriker war und Anfang des 20. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten große Bekanntheit erlangte. Der im Alter von zwei Jahren lesen konnte, später zu einem Mathematikgenie wurde, etliche Sprachen sprach, ein fotografisches Gedächtnis hatte. Der von seinen Eltern von frühauf gefördert und gefordert wurde und von ihnen jede Unterstützung für seine intellektuelle Entwicklung erhielt. Sie gaben ihm alles – außer Empathie und Liebe. Morten Brask erzählt von einem zutiefst verunsicherten und einsamen Menschen, den niemand wirklich versteht und der trotz – oder wegen – seiner Fähigkeiten scheitert.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Nagel & Kimche, 2017
Format
Gebunden
Seiten
368 Seiten
ISBN/EAN
9783312010134
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Morten Brask, 1970 geboren, wuchs in Kopenhagen auf. Er studierte Filmwissenschaften und Geschichte an der Universität Kopenhagen und schrieb während seines Studiums immer wieder Artikel für verschiedene dänische und norwegische Zeitungen, Magazine und Zeitschriften. Nach Abschluss seines Studiums reiste er sieben Monate durch Indonesien und Australien. Er arbeitete unter anderem als Regisseur für Dokumentarfilme und ist Mitbegründer und Creative Director der Kommunikationsagentur Tabula Rasa. Das perfekte Leben des William Sidis ist sein erster Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde.

Zum Buch:

William Sidis Eltern sind ukrainische Juden, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts vor Pogromen in die USA auswanderten und sich dort – wie man heute sagen würde – hervorragend integrierten. Boris Sidis ist Psychiater, Sarah Ärztin. Ihren neu geborenen Sohn wollen sie mit einer unkonventionellen Methode erziehen, denn Boris ist überzeugt, dass selbst Babys schon als normale Erwachsene behandelt werden sollten. Er ist strikter Gegner von Babysprache und zuviel Hilfe und Bindung. So soll der Intellekt seines Sohnes von klein auf herausgefordert werden. Und die geistige Entwicklung des Kleinkindes gibt ihm recht: der Säugling bringt sich das Essen mit dem Löffel selbst bei, im Alter von zwei Jahren kann der kleine William bereits lesen, die gesamte Grundschulzeit absolviert er in sieben Monaten und so geht es weiter. Er wird das jüngste Kind sein, das je in den USA eine High-School und eine Universität besucht hat. Längst ist die Presse auf das Wunderkind aufmerksam geworden, und die Öffentlichkeit wird von jedem seiner neuen Schritte unterrichtet. Der beruflichen Laufbahn seines Vaters, der selbst als extrem intelligent gilt, ist diese Aufmerksamkeit durchaus hilfreich, und der Mutter, die Mann und Kind zuliebe auf eine eigene Karriere als Ärztin verzichtet hat, öffnet der kleine, bestaunte William – ein überaus höfliches und freundliches Kind – die Türen der Bostoner Upper-Class. Alle sagen William, der eine große Anzahl von Sprachen spricht und ein fotografisches Gedächtnis hat, eine große Karriere als Mathematiker, Astrophysiker oder Philosoph voraus. Aber es kommt anders.

William wächst zu einem schwierigen Kind heran. Weder hat er zu Hause – abgesehen von seinen intellektuellen Leistungen – je Lob erfahren noch körperliche oder seelische Wärme. Kontakt zu Gleichaltrigen hat er nicht, da sein Vater kindliche Spiele und körperliches Austoben für überflüssig hält. Zudem ist er in der Schule und sogar später auf der Universität ständig in der Rolle, seiner Umwelt geistig überlegen, an körperlicher und seelischer Entwicklung jedoch unterlegen zu sein. Er wächst heran, verliebt sich in eine junge kommunistische Aktivistin und wird 1919 bei einer Demonstration verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, vor der ihn seine Eltern bewahren. Und das ist das Schlimmste, was ihm passieren konnte …

Das perfekte Leben des William Sidis erzählt von einem außergewöhnlichen Menschen, der trotz seiner vielfältigen Begabungen eigentlich nur eines will: ein ganz normales Leben führen, der aber, trotz aller Rückzugsversuche, seiner Umwelt nicht entkommen kann. William Sidis ist ein zutiefst verunsicherter und einsamer Mensch, den niemand wirklich versteht und der trotz – oder gerade wegen – seiner Fähigkeiten scheitert. Morten Brask hat aus diesem tragischen Schicksal ein außergewöhnlich packendes Buch gemacht.

Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt