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Altes Zollhaus, Staatsgrenze West

Autor
Schimmang, Jochen

Altes Zollhaus, Staatsgrenze West

Untertitel
Roman
Beschreibung

Staatsgrenze West – so hieß einmal die Grenze zwischen BRD und DDR im DDR-Jargon. Aber nicht an dieser früheren Grenze lässt sich der ehemalige Ministerialrat Gregor Korff nieder; sein Altersitz liegt sehr viel weiter im Westen: am Niederrhein. Dort hat er sich nach seinem Entlassung aus dem Staatsdienst, der seiner Liaison mit einer DDR-Spionin geschuldet war, in einem ehemaligen Zollhaus niedergelassen, der früheren deutsch-holländischen Grenzstation Granderath.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Edition Nautilus, 2017
Seiten
192
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-96054-035-9
Preis
19,90 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Jochen Schimmang, geboren 1948, studierte Politische Wissenschaften und Philosophie an der FU Berlin und lehrte an Universitäten und in der Erwachsenenbildung. Von 1978 bis 1998 lebte er in Köln, seit 1993 als freier Schriftsteller und Übersetzer. Jochen Schimmang ist heute in Oldenburg ansässig.

2010 erhielt Jochen Schimmang für seinen Roman Das Beste, was wir hatten den Rheingau Literatur Preis 2010.

Zum Buch:

Staatsgrenze West – so hieß einmal die Grenze zwischen BRD und DDR im DDR-Jargon. Aber nicht an dieser früheren Grenze lässt sich der ehemalige Ministerialrat Gregor Korff nieder; sein Altersitz liegt sehr viel weiter im Westen: am Niederrhein. Dort hat er sich nach seinem Entlassung aus dem Staatsdienst, der seiner Liaison mit einer DDR-Spionin geschuldet war, in einem ehemaligen Zollhaus niedergelassen, der früheren deutsch-holländischen Grenzstation Granderath. Der Ich-Erzähler Korff bescheinigt sich selbst ein „Talent zum Alleinsein“, und das ist in einer so abgelegenen Gegend und einem sterbenden Dorf auch nötig. Kontakte zur eingesessenen Bevölkerung sind rar; der Ruhm, den ihm der von einem Ghostwriter verfasste, aber unter Korffs Namen erschienene Thriller über die Affäre mit der DDR-Spionin eingetragen hat, ist nicht bis hierher gedrungen, und es dauert zehn Jahre, bis er als „der alte Spinner vom Zollhaus“ in die Dorfgemeinschaft aufgenommen wird. Kontakte gibt es zunächst nur zu dem früheren Zöllner Martin Taubert, der vorbei kommt, um sich den Umbau seiner früheren Arbeitsstätte anzusehen, und der Geschichten vom Schmuggel an der Grenze zu erzählen weiß, und zu einem früheren BND-Mitarbeiter, der als Doppelagent enttarnt wurde und jetzt auf der holländischen Seite im „Exil“ lebt. Dazu kommen ein junges Paar, mit dem Korff die Liebe zum Film teilt, ein paar alte Freunde und zwei serbische Flüchtlingskinder auf der Suche nach ihrem Onkel.

Mit anderen Worten: Es geschieht wenig in Jochen Schimmangs Roman. Wir erfahren von früheren Reisen, Freundschaften, Träumen, Aufenthalten in Ostende und Frankreich, dem Tod eines Freundes – vom Alltag eines alternden Eigenbrötlers also. Das mag langweilig klingen, aber Altes Zollhaus, Staatsgrenze West ist alles andere als das. Denn dem Autor gelingt es in dem schmalen Bändchen, das Lebensgefühl der „alten“ Bundesrepublik wieder erstehen zu lassen, ein wenig melancholisch, ein wenig abgeklärt, aber keineswegs nostalgisch oder verklärend. „Altes Zollhaus, Staatsgrenze West“ ist das Gegenstück zu den vielen mehr oder weniger großartigen „Wenderomanen“ aus ostdeutscher Perspektive: es zeigt in aller angemessenen Bescheidenheit, gänzlich undramatisch und höchst unterhaltsam die Auswirkungen der Wiedervereinigung auf das Lebensgefühl von Menschen mit „innerer Westbindung“ – und das ist zumindest für all die, die in Zeiten der „alten Bundesrepublik“ erwachsen waren, ein höchst anregendes und dankenswertes Geschenk.

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main