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Eine italienische Reise

Autor
Blom, Philipp

Eine italienische Reise

Untertitel
Auf den Spuren des Auswanderers, der vor 300 Jahren meine Geige baute
Beschreibung

Das Buch beginnt mit einem Besuch in der Werkstatt eines renommierten Geigenbauers und -händlers, bei dem dem Autor ein besonders gestaltetes Instrument auffällt: Eine sorgfältig restaurierte Geige, die aber nach einem „Stimmriss“ ihre Stimme verloren hat. Nach ihrer Herkunft gefragt, sagt der Händler, sie sei um 1800 gebaut worden, wahrscheinlich in Italien, aber mit deutlichem Allgäuer Einfluss. Mehr hätte er aber auch nach längeren Recherchen nicht herausfinden können.

Dann folgt Philipp Bloms jahrelange Suche nach dem Ursprung des Instruments, die ihn zu unterschiedlichen Experten führt – in Süddeutschland und Holland, Oberitalien, Wien und London. Er forscht in Archiven, durchforstet Bücher und spezialisierte Datenbanken. Seine Suche verknüpft der Autor mit Geschichten über die frühe Arbeitsmigration, über bekannte und weniger bekannte Instrumentenbauer, über das Venedig um 1800 das eigene Leben und vieles mehr. Entstanden ist ein Buch voller Wissen, so lebendig, spannend und warmherzig erzählt, dass man es nicht mehr aus der Hand legen möchte. Ein wunderbares Buch für Musikliebhaber, Geschichtsinteressierte und Geschichtenliebhaber!
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Verlag, 2018
Seiten
320
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-446-26071-9
Preis
26,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Philipp Blom, 1970 in Hamburg geboren, studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford. Er lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien und schreibt regelmäßig für europäische und amerikanische Zeitschriften und Zeitungen. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Stipendium am Getty Research Institute in Los Angeles, der Premis Internacionals Terenci Moix und der deutsche Sachbuchpreis.

Zum Buch:

Philipp Blom ist seit seiner Jugend passionierter Geigenspieler. Ursprünglich hatte er selbst professioneller Musiker werden wollen, musste aber einsehen, dass seine Disziplin und Leidenschaft für diesen Weg nicht ausreichen würden, und den Plan aufgeben. Er wurde Historiker und Schriftsteller. Die Liebe zum Geigenspiel aber blieb.

Eine italienische Reise beginnt mit einem Besuch des Autors in der Werkstatt des renommierten Geigenbauers und -händlers MR, wo ihm ein Instrument durch seine besondere Gestaltung auffällt. Eine sorgfältig restaurierte Geige, die aber nach einem „Stimmriss“ trotz der Reparatur ihre Stimme verloren zu haben schien. Sie sei um 1800 gebaut worden, sagte der Händler, wahrscheinlich in Oberitalien, aber mit deutlichem Allgäuer Einfluss. Mehr hätte er aber auch nach längeren Recherchen nicht herausfinden können.

Blom, der (was der Leser erst später erfährt) eine harte Zeit voller Schicksalsschläge hinter sich hat, die im Verlust seiner alten Geige gipfelte und ihn völlig blockierte, nimmt die Geige mit nach Hause. Nach Tagen intensiven Spiels erlebt er, wie das Instrument langsam erwacht und seine Stimme wiederfindet – und er zurück zum Geigenspiel. Und noch etwas anderes geschieht: „Jedes mal, wenn ich meine Geige zur Hand nahm (…), fühlte ich, dass ich jemandem begegnete (…). Die Hände des Spielers und des Erbauers trafen sich auf diesem kleinen Instrument …“ Das Interesse des Geigenspielers und Historikers ist geweckt.

Dann folgt Philipp Bloms jahrelange Suche nach dem Ursprung des Instruments, die ihn zu unterschiedlichen Experten führt – in Süddeutschland und Holland, Oberitalien, Wien und London. Er forscht in Archiven, durchforstet Bücher und spezialisierte Datenbanken, umkreist sein Forschungsobjekt, ohne eine eindeutige Spur zu finden.

Als er auf dem Weg der reinen Fakten nicht mehr weiterkommt, konstruiert er den idealtypischen Weg eines Jungen aus dem Allgäu, der im Alter von zwölf Jahren von seiner armen Familie über die Alpen nach Venedig, geschickt wird, um dort in einer der vielen Werkstätten deutscher Instrumentenbauer das Handwerk zu lernen und zu arbeiten. In alten Akten hat er einen Hanns Kurz gefunden, aus dem in Italien Giovanni, im venezianischen Dialekt Zuanne Curci geworden ist. Von einem wie ihm könnte die Geige stammen.

Geschickt verknüpft der Autor unterschiedliche Themenfelder: Die Geschichte des Geigenbaus, des Musiklebens in Venedig um 1800, die Wertsteigerung eines alten Instruments durch die exakte Herkunftsbestimmung (was wenig über den Klang aussagen muss). Er erzählt von Komponisten und Virtuosen, von Meistern, Schwindlern und Scharlatanen im Geigenbaugewerbe. Eine italienische Reise ist ein Buch voller Wissen; lebendig, spannend und warmherzig erzählt, so reich, dass man ihm in einer kurzen Empfehlung nicht gerecht werden kann. In einem fiktiven Dialog gegen Ende des Buches schreibt Blom: „Ich habe Geschichte gesucht und Geschichten gefunden …“ und die zu erzählen ist ihm – zur Freude der Leser – auf hinreißende Weise gelungen.

Ruth Roebke, Bochum