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Vom Lasterleben am Kai

Autor
Hearn, Lafcadio

Vom Lasterleben am Kai

Untertitel
Große Reportagen. Aus dem Englischen von Johann Christoph Maass.
Beschreibung

Lafcadio Hearn (1850-1904), der im vergangenen Jahr mit seinem in der Karibik spielenden Roman Youma zu entdecken war, war ein weitgereister und vielseitiger Autor. Er verfasste Reiseberichte, Romane, Sachbücher, ein Kochbuch, japanische Geistergeschichten, volkskundliche Artikel und diverse Reportagen für Zeitungen. Jetzt ist mit Vom Lasterleben am Kai eine Sammlung Große Reportagen erschienen, die einen kleinen Eindruck von seiner unglaublichen Neugierde, Aufgeschlossenheit, Offenheit und seinem schriftstellerischen Können gibt und Lust macht, mehr von diesem Autor zu lesen.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Verlag C.H. Beck, 2017
Seiten
236
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-406-70528-1
Preis
16,95 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Lafcadio Hearn, geboren 1850 auf Lefkas, gestorben 1904 in Tokio. Neben seinen frühen Romanen “Chita” und “Youma” sind vor allem seine Japanbücher einflussreich gewesen, “Kokoro”, “Kwaidan”, “Izumo” u.a. oder “Gespenstergeschichten aus Japan”.

Zum Buch:

Vom Lasterleben am Kai ist eine Sammlung von Reportagen, die in verschiedenen Zeitungen und Sammlungen erschienen sind und eine große Vielfalt von Sujets umfassen. Vielleicht ist es gut, ein wenig über das Leben dieses Autors zu wissen, um seine oft sehr eigenwillige Themenwahl zu verstehen.

Lafcadio Hearn (1850-1904), der im vergangenen Jahr mit seinem in der Karibik spielenden Roman Youma zu entdecken war, war ein Wanderer zwischen vielen Welten. Geboren als Sohn einer Griechin und eines Engländers in Griechenland, wurde er von den Eltern im Alter von zwei Jahren zu Verwandten nach Irland gebracht. Die Mutter verließ ihn kurz darauf und der Vater starb bald danach in Indien. Nach einer häufig unterbrochenen Schulzeit, während der er ein Auge verlor, bezahlte ihm die Verwandtschaft im Alter von 19 Jahren die Überfahrt nach Amerika. Er begann für Zeitungen zu schreiben, und nach einer Station in Cincinnatti ging er nach New Orleans. Zwei Jahre lang lebte er auf Martinique. Während einer Reise fand er in Japan seine wahre Heimat. Er heiratete und lebte bis zu seinem Tod im Alter von 54 Jahren dort.

Dieses Buch nun versammelt Texte aus unterschiedlichen Phasen seines Lebens und umfasst so verschiedene Themen wie ein Treffen mit einer jungen „Geisterseherin“ (Eine recht wundersame Begegnung), Treffpunkte und Zeitvertreib der Schauermänner am Ufer des Ohio (Vom Lasterleben am Kai), eine grausam misslingende Hinrichtung in Dayton (Aufgeknüpft). Hearn schreibt über die Weltausstellung in New Orleans, die schwere Arbeit der Wäscherinnen in St. Pierre (Die Wäscherinnen), über seine Haushälterin und die kreolische Küche (Meine Bonne). Den Schluss bilden zwei Texte über seine erste Zeit in Japan (Tag eins im Land der aufgehenden Sonne und Von Hoki nach Oki).

So unterschiedlich die Sujets der einzelnen Texte sind, sie alle verbindet – abgesehen von der letzten großen Reportage aus Japan – Hearns Interesse, Offenheit und große Sympathie für Außenseiter, Randfiguren der bürgerlichen Gesellschaft und Underdogs, deren Lebenswelten er schildert, ohne die Personen und Verhältnisse zu verklären. So ist z.B. Die Wäscherinnen einerseits eine exakte Schilderung der harten Arbeit der professionellen „Blanchisseuses“, die im kalten Wasser des Flusses die Wäsche waschen, und anderseits eine Hymne auf ihre Anmut, Kraft und Schönheit. Die titelgebende Reportage über das Leben der Schauerleute – zumeist Tagelöhner ohne festen Wohnsitz – enthält die Darstellung eines groben, aber überwiegend rechtschaffenen Menschenschlags, eine volkskundlich anmutende Sammlung ihrer Lieder und im letzten Teil eine hinreißende Beschreibung ihrer Feste und Tanzkünste.

Die letzten beiden Texte sind dagegen völlig anders. Hearn berichtet von seiner ersten Reise nach Japan, und der Leser spürt von der ersten Zeile die tiefe Liebe des Autors zu der völligen Fremdheit, Anmut und Schönheit dieses Landes, in dem er den Rest seines Lebens verbringen wird.

Vom Lasterleben am Kai ist ein außergewöhnliches Buch, das durch den eigenwilligen Blick des Autors und seine farbige, lebendige Sprache schnell gefangen nimmt. Was sicherlich auch ein Verdienst des Übersetzers Johann Christoph Maass ist

Ruth Roebke, autorenbuchhandlungmarx&co, Frankfurt